3001-Betriebsleiter Fabian Veldmann in einem Exklusiv-Interview oder sagen wir eher in einer Plauderrunde mitten auf dem Dancefloor des 3001 über den exzessiven Abriss auf Events, der Dubstep-Bulldozer-Welle & einem klebenden Klischee.
Wissen macht bekanntlich „Ah!“ – also, woher kommt eigentlich diese Zahlenkombi 3001?
– Da gibt’s zwei verschiedene Storys. Eine spielt auf diesen Film, 2001: Odyssee im Weltraum, an. Der Laden sollte bei der Eröffnung zukunftsweisend sein. Große Discos, die wie Clubs geführt wurden, gab’s zu der Zeit nicht oder rollten gerade erst an. Mittlerweile ist sowas ja in ganz Europa. In Deutschland sind’s vielleicht drei bis vier, wie dem Cocoon und dem Halo in Hamburg. Dumm nur, dass die Baufirma zu dem Zeitpunkt den Bach runterging – also, hat’s erst 2002 aufgemacht und es konnte nicht mehr 2001, sondern 3001 genannt werden.
Das ist die eine Geschichte, die andere: Ursprünglich sollten laut Versammlungsstättenverordnung 3001 Personen reinpassen. Ist‘ aber etwas mehr als die Hälfte geworden, um die 1650 Personen. Im Durchlauf ist unser Rekord 4.300 – aber bei einer Malboro-Party, die um 16:00 h angefangen ist. Bei wirklich guten Partys haben wir schon 2.300 über den ganzen Laden und Abend verteilt.
Ist auf jeden ’ne Ansage, aber wie bist du eigentlich an’s 3001 gekommen? Gegründet? Übernommen? Putsch?
– Gegründet habe ich es nicht, bin erst später dazugekommen. Eher durch Zufall, ich hab‘ früher HipHop-Partys veranstaltet – unter anderem auch hier und bin dann später auch fest angefangen… als HipHop auf dem absteigenden Ast war. Jetzt leite ich den Laden.
Dann hast du wahrscheinlich ziemlich viel mitgemacht – konnte Jemand den Preis für die dreckigste Backstage-Story ergattern?
– (Schmunzelt) Wir sind damals mit einer Party durch alle Läden – da waren auch so Minimal-Jungs involviert. Dann rief das Hotel an und meinte stumpf: „Die Wände sind mit Fäkalien beschmiert!“. Wer’s war bleibt aber ungesagt, ist aber auch schon fünf bis sechs Jahre her. Ansonsten ist das relativ unspektakulär.
Keine überkrassen Ausraster à la Flatscreen aus dem 77. Stock?
– Die meisten sind nett und pflegeleicht, aber okay, das mit den Fäkalien war schon heftig.
Okay, fragen wir in die andere Richtung: Gute Acts gibt’s on Mass – keine Frage. Wer konnte deiner Meinung nach am meisten reißen?
– Ich fand sämtliche Boys Noize Dates außergewöhnlich gut, auch verglichen mit anderen DJs. 2ManyDJs ist natürlich auch immer ein Ereignis: Super kreativ, super sauber, technisch echt richtig fit und mega sympathisch dabei. Geil waren auch Major Lazer: Die ganze Menge ist mit Diplo zusammen von rechts nach links durch den kompletten Laden gehüpft – das war schon cool.
Wie stehst du zur Grundsatzdiskussion: Pogen?!
– Ich habe hier mal zwei rausgeschmissen, bei Jochaim Garraud, weil die die einzigen beiden waren, die von 1.200 Leuten gepogt haben. Im Internet haben sie dann später ein riesen Fass aufgemacht, was wir für Idioten wären. Ja, aber wer ist denn der Idiot: Der darauf achtet, dass die 1.200 Leute vernüftig feiern oder der, der einfach irgendwelche Leute durch die Gegend schubst?
Sagen wir mal, ich gehe zu einem Limp Bizkit Konzert: Da muss ich ja damit rechnen, dass es rabiater zugeht aber ob das in der Form auch in eine Disco gehört, das ist halt die Frage… meiner Meinung nach nicht. Es gibt schließlich immer noch Jungs, die feiern gehen, um ein Mädel kennen zu lernen. Wenn aber kein Mädel da ist, sind selbst bei den größten DJs keine Typen mehr da.
Wenn’s zu krass wird, gefällt das auch keinem DJ mehr – zumindest denen, mit den ich gesprochen habe.
Wenn’s mal wieder quer durch die City geht, kommt unweigerlich das Gefühl auf, dass die 3001 einen regelrecht verfolgt – Plakate, Banner, Leuchtreklame. Dazu kommt die sich ständig wandelnde Deko. Rentiert sich das für euch?
– Man muss den Leuten etwas bieten, jedes Mal ein neues Erlebnis damit’s nicht langweilig und eintönig wird. Es kann besonders durch den Boom in Amerika nicht mehr an den DJs hängen. Aber ein europäischer und speziell deutscher Club kann viele Dinge einfach nicht mehr finanzieren.
Wenn man beispielsweise sieht, dass ein Alesso an Silvester in New York 150 Dollar Eintritt und ein Avicii sogar 450 Dollar kostet. Nehme ich hier aber 450 Dollar Eintrritt, ist hier „fast“ kein Mensch. Trotzdem gibt’s natürlich die Fans, die von uns, dem Bootshaus oder Cocoon erwarten – wir können’s aber nicht von einem Eintrittspreis von 12-14 Euro bezahlen. Dabei sind 14 Euro ja schon viel.
Es gibt ja DJs, die verdoppeln ihre Gage von dem einen zu dem anderen Gig und verdienen sowieso schon Das, was Andere in 5 Monaten verdienen, an einem Abend. Da muss man halt schauen, wo die Entwicklung hingeht. Deswegen sagen wir: Wir müssen davor gewappnet sein, dass wir uns das gar nicht mehr leisten können.
Also in den USA ist es vielleicht ein bisschen leichter Erfolg zu haben, da zählt ja die künstlerische Substanz weniger, als der Marketing-Faktor. Dann sind die Leute auch bereit dafür viel Geld auszugeben. Natürlich ist es auch ein viel größeres Land mit vielen Menschen in den Metropolen. Deswegen spielen solche DJs wie Tiesto Stadion-Touren. Das schwappt hier jetzt zwar auch rüber, aber wer würde für einen Boys Noize Gig 30 zahlen?
Was würdest du denn sagen, wenn du spontan auf das Geld scheißen könntest, um DIE Nacht zu veranstalten, mit den Jungs und Mädels, die du willst?
– Zu Anfang würde ich 2ManyDJs spielen lassen, danach Daft Punk und zu Ende Boys Noize. Obwohl… ich muss sagen, da es ja ein Düsseldorfer Club ist, würde ich Kraftwerk ja jetzt auch nicht unsexy auf der Stage finden.
Packen wir mal einen Hype an, der zu Anfang von allen Seiten gehatet wurde, sich momentan in seiner Blütezeit befindet und die ersten Kids wie Justin Bieber auf den Plan ruft: Dubstep. Anstatt Namen tanzen, wäre „HATE“ zumindest bei einigen angebracht. Wie siehst du das?
– Also ich find’s nicht schlecht. Ich finde Szenen bemerkenswert, wo sich Jemand über die Musik, die er hört, den Rest seines Lebens definiert. Das war damals bei Techno und HipHop so. Zu Anfang hätte ich echt nicht gedacht, dass sich das so entwickelt – hab’s eher wie D’n’b gesehen: Cool, Fanbase, aber das war’s.
Auch wenn man das als Szene-Person nicht gerne hört: Wann ist HipHop in Deutschland richtig groß geworden? Nach Coolio Featuring L.V. mit „Gangsta’s Paradise“ – jeder, der Hiphop mag, sagt, das ist das Schlimmste, was es auf dieser Welt gibt. So ein Ding bricht aber natürlich einige Dämme ein.
Hört sich zwar bescheuert an, aber Marusha ebenso: Auf der Loveparade wären keine 1 Millionen Leute zusammen gekommen, wäre Marusha mit diesem scheiß „Somewhere over the Rainbow“ gewesen, was überall hoch und runterlief. Die Leute haben aber angefangen, sich für Techno zu interessieren. Das sind dann natürlich nicht die Coolen, die’s von Anfang gehört haben, aber so wurde es letztendlich in die breite Masse getragen und weiterentwickelt… und Marusha ist an Peinlichkeit ja nicht zu überbieten.
Justin Bieber wird mit seinem Dubstep-Album ziemlich viel Geld verdienen, öffnet aber gleichzeitig anderen Leuten die Möglichkeit, bekannter zu werden und vor großer Masse spielen zu können.
Es gibt halt immer so Hypes, manche setzen sich durch und bleiben, manche eben nicht. Dubstep ist auf jedenfall gehaltvoller als Gequike von Afrojack. Ich habe gedacht, die Lady Gaga des Dubstep wird Rusko, aber okay.
Beim Wühlen im Netz fällt im Bezug auf das 3001 auch immer ein Wort: Snobismus.
– Erstmal ist es natürlich ein Düsseldorfer Klischee. Wir sind ’nen Laden mit einem überregionalen Abstrahlungswert, keine Frage – also färbt dieses Klischee auch auf uns ab. Wir kommen natürlich auch so aus einer Schickie-Mickie-Historie. Also anfangs war das hier wirklich Schickie Mickie, nicht nur Möchtegern, sondern so richtig. Das macht natürlich ein bisschen die Lage – weil, wer hat hier im Medienhafen schon etwas zu schaffen außer Anwälte, Werber und Unternehmensberater.
Dann muss man auch sagen, dass eine alternative open-minded Szene auch nur so lange alternativ und open-minded ist, solange alle so sind, wie sie selber. Das heißt: Selbst wenn Einer da oben mit einer Rolex und einem Van Laack Hemd genauso feiert wie der Typ hier unten in Sneaker und Print-Shirt, würde der den nie akzeptieren. Andersrum schon, dem Van Laack -Typen ist das egal, der sagt „Ey, guck mal – der ‚is lustig, den feiern wir!“. Der Indie-Typ würde den Typen aber niemals akzeptieren. Natürlich muss man sich bewusst sein, wenn man in Düsseldorf ist und so einen großen VIP-Bereich hat, dass das dem einen oder anderen übel aufstößt – aber hätten wir diesen Bereich nicht, müssten wir mehr Eintritt nehmen, um das ganze finanzieren zu können.
Es stört den VIP-Gast auch nicht, dass der Mainfloor-Gast weniger für seine Getränke bezahlt. Es stört den Mainfloor-Gast aber schon manchmal, dass der VIP-Gast überhaupt da ist – und das finde ich persönlich sehr engstirnig gedacht. Aus solchen Sachen rühren natürlich solche Klischees. Niemand sagt: „Hey, ist doch cool, das auch der Industriellen-Sohn aus Meerbusch-Büderich mal auf einen 2ManyDJs oder Boys Noize feiert!“. In Hamburg geht’s so weit, dass sich jedes Elbschloss-Kind verkleidet – hier ist das halt nicht so, aber ich find’s auch gar nicht schlimm.
Data6ex sagt:
Interessantes Interview, danke!
steven sagt:
g-liste wäre echt perfekt
steven rosenkranz
danke
Tobi sagt:
Cooles Interview. Bis bald im 3-1
Viele Grüsse,
Tobi
Anonymous sagt:
[…] […]