Wenn man ganz unvoreingenommen „Play“ drückt – und dann schon bei den ersten Sounds wie elektrisiert dasitzt, plötzlich von einer knarzenden Welle tiefer Bässe überrollt wird, sich gar nicht mehr vor mitreißender, böser Synths retten kann, dabei am liebsten aufspringen und jedem sein Bass Face unter die Nase reiben würde – und schließlich auf einmal merkt, dass man gerade ein ganzes Album durchgehört hat und dass es keinen Track gibt, den man nicht sofort noch einmal hören würde,.. DANN ist das Ding gut. Und „Love Death Immortality“ ist es. „Wenn unser letztes Album introvertiert wäre, so ist das neue definitiv extrovertiert“, erklärt Justin Boreta. Er ist einer der drei The Glitch Mob-Members; neben Ed Ma (aka edIT) und Joshua Meyer (aka Ooah). Gestern, am 11. 02. 2014, haben sie ihr zweites Album veröffentlicht.
Nach dem immensen Erfolg ihrer ersten LP, „Drink The Sea“, wurde „Love Death Immortality“ heiß ersehnt. The Glitch Mobs spezieller Sound, der sich zwischen reichhaltigen Dance Sounds und fordernden Hip Hop- und Dubstep Beats bewegt, war plötzlich allseits gefragt. So kamen die Jungs von den Los Angeleser Underground Partys zu gefüllten Stadien und Riesen-Festivals. Ihre beiden Alben releasten sie auf dem eigenen Label Glass Air Records. Während “Drink The Sea“ eher eine instrumentale, spacige Kopfhörer-Erfahrung war, ist „Love Death Immortality“ etwas für die Live-Bühne.
Gleich die erste Single “Can’t Kill Us” setzt ein klares Statement. Der Track klingt wie ein großer, bombastischer Action-Thriller, bei dem die Rockgitarren-Riffs einen regelrechten Kettensägen-Effekt entfalten. Laut und überwältigend: Glitch Mob kreieren einen musikalischen Knall. Auch “Mind of a Beast” wirkt ähnlich: Man fühlt sich überwältigt, ein bisschen starr vor Schreck und gleichzeitig voller Energie – vor allem am Punkt, wo der 140bpm-D’n’B-Beat des Tracks in einem fulminanten Manöver tempomäßig auf die Hälfte runterbricht.
The Glitch Mob zeigen aber auch fröhlichere Seiten. Viel Gesang und catchy Melodien wie in „I Need My Memory Back“ oder „Fly By Night Only“ geben dem Album mehr Hang zu Fun und Soul, als man es bei den Jungs erwartet hätte. Gleichzeitig schlagen sie atmosphärischere Töne an, wie zum Beispiel im beflügelnden Track “Skytoucher” oder dem erhabenen „Becoming Harmonious“. Hier steuerte die Avant-Darkwave-Sängerin Metal Mother ihre wunderschöne Stimme bei. Und es sind eindeutig meine Lieblingsvocals bei dem Album. Die Kombination aus Aggressivität und Weiblichkeit jagt einem Gänsehaut ein.
Ist an dem Album überhaupt etwas zu kritisieren? Böse Zungen und enttäuschte Fans behaupten, The Glitch Mob würden mit der neuen Veröffentlichung ihren imaginären Schwamm voller exzellenter Sawtooth-Synths und pochender Drums bis zum Geht-nicht-mehr ausquetschen. Es wäre ein vergeblicher Wiederbelebungsversuch der rauf und runter durchgenudelten Synth-Sounds ihrer ersten LP – abgedroschen, bemüht und langweilig.
Wie können jedoch „echte“ Gitarren- und Klaviersounds unkreativ wirken? Und warum sollten Hooks, die einen beim Hören derartig mitnehmen, dass man kaum still sitzen bleiben kann, langweilig sein? Meiner Meinung nach ruft fast jeder einzelne Track auf „Love Death Immortality“ besondere Emotionen hervor – ob man es nun allein in seinem Zimmer mit geschlossenen Augen hört oder in einer Menge dazu herumspringt und headbangt. Darüber hinaus ist es natürlich klar, dass einem die Breakbeats, Rock Riffs und dumpfen Schlagzeugschläge bekannt vorkommen: Es ist eben der klassische Glitch Mob Style – ein Meisterwerk!
Nicht verpassen: Auf ihrer „Love Death Immortality“-Tour machen The Glitch Mob auch Halt in Deutschland. Live-Konzerte der Band gibt es in Hamburg, Darmstadt und Berlin.